Spanien – Symbol des Scheiterns: Ein Wolkenkratzer ohne Lift

Angetrieben vom finanziellen Größenwahn der Nullerjahre bekleckerten sich Spaniens Ingenieure nicht gerade mit Ruhm.
Was ist mit Europas Ingenieuren los? Flughäfen von Berlin bis Wien werden Millionengräber, deutsche Windräder brechen auseinander und wann sich das Wiener Stadthallenbad von seiner Renovierung erholt, steht in den Sternen.

Doch das ist nichts gegen das, was sie Spaniens Techniker derzeit leisten: Da gibt das spanische Verteidigungsministerium Unsummen aus, um die Unterwasserflotte zu verstärken und bekommt ein U-Boot, das leider nicht schwimmt. Das Komma sei um eine Stelle verrutscht, meldete das Ministerium knapp. Die Folge: Das U-Boot ist um 70 Tonnen zu schwer und die Iberer fürchten, dass es nie wieder an die Oberfläche kommen würde. Alleine die Abmagerungskur für das Gefährt muss sich der darbende Staat nun 14 Millionen Dollar kosten lassen.

Doch damit nicht genug. Wie eben bekannt wurde, ging auch ein anderes Prestigeprojekt der Spanier gründlich in die Hose. Der Doppelturm „InTempo“ im spanischen Benidorm hätte das Symbol für Spaniens wieder erstarkte Wirtschaft werden sollen. Mit knapp 200 Metern Höhe und 47 Stockwerken wäre es das höchste Wohnhaus der EU geworden. Doch nun, kurz vor der Fertigstellung, taugen die beiden Kolosse nicht mehr zur Imagepolitur. Denn im Trubel der Krise muss untergegangen sein, dass Mieter auch an einem Aufzug interessiert sein könnten. Ab der zwanzigsten Etage hat der Architekt auf den Liftschacht vergessen.

Der Witz an der Geschichte: Seit drei Jahren bemühen sich deutsche und österreichische Firmen und Arbeitsvermittlungen darum, spanische Ingenieure ins Land zu holen. Dort fehlen die Jobs, hier die Fachkräfte, so die simple Rechnung. Angesichts der jüngsten „Erfolge“ der iberischen Ingenieurskunst sollte man das Projekt vielleicht noch einmal überdenken.

Doch es wäre unfair, alle Schuld Spaniens Ingenieuren in die Schuhe zu schieben. Denn Inkompetenz wird erst dann wirklich gefährlich, wenn sie sich mit Größenwahn paart. Und dafür waren in den Jahren bis 2008 die Finanzmanager der Welt zuständig. Als der Turm 2006 geplant wurde, war Spanien am Höhepunkt des Immobilienbooms. Jedes noch so abgelegene Dorf wurde mit Bürohäusern und Ferienwohnungen zugestellt. Das brachte Jobs und suggerierte Wachstum. Und angetrieben von scheinbar ewig steigenden Immobilienpreisen wollte auch die Caixa Galicia, Investorin des „InTiempo“, mehr. Mehr Mieter, mehr Einnahmen. Der ursprünglich auf zwanzig Stockwerke konzipierte Turm wuchs auf mehr als das Doppelte an. Nur auf den Lift haben scheinbar alle vergessen.

Mittlerweile ist die Blase geplatzt. Späte Opfer des spanischen Immobilienbooms sind die Mieter, die ab Etage 20 die Wanderschuhe anziehen müssen. Und natürlich die Investoren, die ihre Traumrenditen wohl nicht mehr erreichen werden. Gut, die oberste Etage wäre mit dem Helikopter noch ganz gut erreichbar, aber die Mieten für Etage 30 bis 40 dürften mickrig ausfallen. Doch wirklich treffen wird es die Caixa Galicia nicht. Sie muss sich schon lange nicht mehr mit dem Turm herumschlagen. Der gehört, wie könnte es anders sein, längst der „Bad Bank“ des spanischen Staats.